Nachdem wir uns gestern noch durch die verschiedenen Zeitangaben (ein paar davon stellen sich im nachhinein schlichtweg als falsch heraus) rund um den Raketenstart geackert haben, sind wir uns relativ sicher: Um 09:38 Uhr ist es soweit und eine Sojus-Rakete soll, gesteuert von einem humanoiden Roboter (Skybot F-850, „Fedor“) beladen mit Proviant und zur ISS starten. Von unserem Camp haben wir ganz gute Sicht auf einen Großteil der östlichen Launch-Pads, die aber immer noch etwa 18 km entfernt sind (angeblich starten die Sojus-Raketen von den sog. „Gagarin-Pads“, die Proton-Rakten von den Launch-Pads im Westen des Kosmodroms).

09:30: Also schnell frühstücken, Fernglas bereit halten und warten.

09:34: An den Starttürmen in unserem Sichtfeld tut sich gar nichts, da ist auch nichts aufgebaut…vielleicht doch eine falsche Info oder womöglich haben wir den Start sogar verschlafen…

09:37: Nichts…oje.

09:38: Noch immer nichts…doch plötzlich: Ein gleißendes Licht steigt hinter einem Grashügel langsam kerzengerade in die Höhe…sie startet. Völlig lautlos hebt sich die Lichtkugel (im Fernglas ist die Rakete gut zu erkennen) in den blauen Morgenhimmel. Der dröhnende Lärm folgt mit etwas Verspätung. Die Rakete dreht ab und verschwindet bald im All…das ganz Spektakel dauert etwas mehr als eine Minute hinterlässt aber doch einen nachhaltigen Eindruck. Mehr dazu gibt´s auch hier: https://www.youtube.com/watch?v=y7FaUKkfnxs

Für uns geht´s danach weiter Richtung Aral-See. Nach einer langen Fahrt durch die westkasachische Steppe erreichen wir Aralsk. Der Ort war früher am riesigen Aral-See gelegen, mittlerweile ist das Ufer fast 20 km entfernt und vom See nur ein trauriger Rest übrig. Bis in die 1960-er Jahre war der Aralsee das viertgrößte Binnengewässer der Erde – bekannt für seinen Fischreichtum, die vielfältige Tierwelt in den Deltas der beiden großen Ströme Amudarja und Syrdarja und für seine türkise Schönheit. Gigantische – und schlecht umgesetzte – Bewässerungsprojekte in der Sowjetzeit haben den See in den letzten Jahrzehnten ausgetrocknet, das Wasser der Flüsse wurde in undichte Kanälen umgeleitet, verdunstet auf den langen Wegen durch die heiße und trockene Steppe und kommt weder im See, noch auf den Feldern an. Wo einst Wasser war liegt heute eine große Wüste.

Wir gehen in den kleine Fischerei-Museum am alten Hafen in Aral und sind dort die einzigen Gäste. Der Museumswart erzählt uns rührig von der alten Zeit, zeigt uns Bilder, alte Fischerei-Utensilien und die Boote und Kräne, die wie Mahnmale am mittlerweile trockenen Ufer stehen. Durch eine Bürgerinitiative wurde vor Jahren ein Damm gebaut, um wenigstens den kleinen Aral-See zu retten…das scheint zu funktionieren und die Leute in Aralsk hoffen und warten auf die Rückkehr des Wassers.