Früh machen wir uns auf die Weiterfahrt – wir sind jetzt im Wakhan-Korridor angelangt. Seit dem Höhepunkt und dem Ende des „Great Game 1873/1893 wurde der schmale Streifen zwischen Hindukusch und Pamir so benannt. Ursprünglich als „Pufferzone“ zwischen dem russischen Reich und Britisch-Indien (die während des Great Game um die Vormachtstellung in Zentralasien rangen) vorgesehen, teilen sich nunmehr Tadschikistan und Afghanistan den Landstrich.
Die Straße ist rumpelig, steinig, ein einsamer Radler plagt sich hinauf, hält uns an und bittet um eine Schmerztablette. Er hat Schmerzen im Knie. Ein Stück weiter vorne schließlich treffen wir eine chinesische Familie, die zu viert in einem VW Touran unterwegs sind (wir sind ihnen schon ein paar Mal auf unserem Weg begegnet und es ist uns ziemlich rätselhaft, wie sie diese Straßen mit diesem Auto befahren) – diesmal hängen sie im tiefen Sand fest. Wir helfen, sie ein wenig auszubuddeln und mit Hilfe von ein paar tadschikischen Männern, die auch grade entgegenkommen schieben wir den Touran aus dem Sand. Ein Glück, weil viel Verkehr ist hier nicht gerade.
Es geht weiter bis zu einem Militärposten, wo wieder mal unsere Papier kontrolliert werden – wie überall hier sind die Beamten (allesamt junge Burschen) sehr freundlich und freuen sich über eine kleine Plauderei. Hier biegen wir nun nach Norden und lassen die afghanische Grenze hinter uns. Über karge Mondlandschaft geht es auf den ersten hohen Pass – Khargush-Pass mit 4.344 m. Der Himmel ist heute ein wenig verhangen, das verleiht dieser einsamen Landschaft nochmal eine ganz eigene Atmosphäre.
Etliche Kilometer hinter dem Pass treffen wir auf die Nord-Route des Pamir-Highway. Dieser Route ist sowas ähnliches wie asphaltiert. Bald gelangen wir in den Ort Alichur, der hier auf der Hochebene auf 3.800 m liegt. Ein paar verstreute Pamir-Häuser, wenige Strommasten. Dieser Landstrich gehört zu den trockensten und kältesten Gegenden der Welt – für uns schwer vorstellbar, wie Menschen hier im Winter bei bis zu -40° leben können. Kurz nach dem Ort machen wir eine kleine Pause, bis kalter Wind aufzieht und ein paar Regentropfen mitbringt. Ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie es hier im Herbst sein wird, brrr.
Am Nachmittag klart es wieder etwas auf und die baumlosen bunten Berge zeigen sich in ihrer ganzen rauen Pracht. Eine ganz eigene Stimmung geht von dieser erhabenen, majestätischen und einsamen Landschaft aus – sie macht uns demütig, dankbar und sehr glücklich.
Wir biegen von der „Hauptroute“ ab und machen einen Abstecher zu Felszeichnungen aus der Bronzezeit ##, sowie zu einem aufgelassenen sowjetischen Observatorium, das auf einem steilen Hügel in den Himmel ragt. Es ist kalt, windig und unglaublich schön. Vom Observatorium wählen wir die Abfahrt auf die andere Seite des steilen Hügels, da sollten wir wieder auf der Hauptroute landen. Paul manövriert unseren Flocki gekonnt über die wirklich anspruchsvolle Piste und noch in der Dämmerung finden wir bei einem Felsen einen guten Campingplatz. Wir sind inmitten dieser einsamen Landschaft ganz allein, es ist so still, dass wir uns kaum zu atmen getrauen.