Die Ziegen sind schon früh unterwegs zu ihren Weidegründen und wecken uns. Also geht es früh weiter…wir haben zwar keine lange Strecke vor uns, aber nach der Erfahrung von gestern wissen wir, dass wir an einem Tag nicht mehr als 160/170 km schaffen. Es geht auf schwieriger Straße weiter – einst war dieser Weg wohl asphaltiert, Schnee, Kälte, Hitze, Schlammlawinen setzen den Straßen aber so zu, dass vom Asphalt nur mehr wenige traurige Reste übrig sind. Das Übrige ist eine Mischung aus großen spitzen Steinen, Schotter, Sand…jedenfalls anstrengend für Fahrer und Auto. Der arme Flocki kommt ordentlich dran – die Tadschiken selbst sind ziemlich schmerzbefreit und glühen mit alten Ladas, Opels und LKWs über die Straßen, dass es nur so staubt).

Entschädigt werden wir durch tolle Ausblicke und eine abenteuerliche Anfahrt auf den ersten hohen Pass. Der Khoburot-Pass liegt auf ca. 3.300 m Seehöhe in sanftem Almengebiet, umrahmt von schneebedeckten Bergen. Auf dem Pass findet sich als russisches Relikt noch die einst höchstgelegene Bushaltestelle (es bleibt allerdings rätselhaft, wie auf diesen Straßen ein Bus raufkommen soll) und als Relikt des Bürgerkrieges in den 1990 Jahren noch einige Minen im Gelände. Wir treffen auf einen Minenentschärfungstrupp, der gerade an der Arbeit ist. Junge Frauen bearbeiten akribisch jeden Zentimeter des Bodens. Während wir mit dem Supervisor plaudern, kommen auch die beiden Radfahrer, die wir bei der Auffahrt überholt haben daher. Zwei Belgier, die ein Jahr mit dem Rad unterwegs sind.
Die Fahrt vom Pass runter ist nicht minder aufregend, durch enge Schluchten geht es in engen Serpentinen hinab.  Wir gelangen nach Qala-i-Khumb, ein netter Ort, der am Zusammenfluss von zwei Flüssen liegt (hier treffen Panj (der wird uns noch begleiten) und Khumbob aufeinander) und sehen das erste Mal nach Afghanistan. Der Fluss Panj bildet hier die Grenze. Da ist also das unbekannte Afghanistan, dieses riesige Land, über das wir so wenig wissen. Und schon der Blick auf die „andere“ Seite fasziniert, scheint doch das Leben dort anders als hier. Ein schmaler Fahrweg ist am anderen Ufer parallel zu unserer Straße in den Fels gehauen, außer Eseln, wehenden Burkas und hin und wieder einem Moped ist kein Verkehr.

Über mehrere Tagesetappen wird uns der Blick nach „drüben“ begleiten, wird uns nachdenklich und neugierig machen und mehr als einmal werden wir uns fragen, was die Menschen in den abgeschiedenen Dörfern wohl über die Welt wissen. Die Orte liegen am Fusse der schier unüberwindbar erscheinenden Gebirge (hier beginnt der Hindukusch mit seinen finsteren, vergletscherten Gipfeln) auf schmalen, grünen Absätzen über dem reißenden Panj oder auf kleinen Schwemmkegeln. Nicht überall sehen wir Strom, die Reise zu einem größeren Ort muss mindestens eine Tagesreise (wahrscheinlich sogar mehr) sein…