Es geht also Richtung Turkmenistan. Früh starten wir los, wir rechnen ja mit einer mehrstündigen Prozedur. Unsere letzten iranischen Rial geben wir in einem kleinen Shop vor der Grenze für Getränke aus und stehen kurz darauf vor dem ersten Schlagbaum. Ein freundlicher iranischer Beamter begrüßt uns, checkt unsere Unterlagen und schickt uns ein paar Meter weiter. Dort sollen wir unsere Stempel bekommen. Wie immer ist nichts angeschrieben, es gibt keine Wegweiser oder Hinweisschilder. Wir suchen uns also durch, finden nur Putzpersonal, das uns irgendwie ausdeutscht, dass hier noch niemand im Dienst ist und wir noch warten müssen. Nach etwa 20 Minuten kommt ein Dame, schickt uns zum nächsten Beamten, der wiederum schickt uns zum nächsten, der erstmal unser Carnet abstempeln muss. Als wir den Herrn endlich gefunden haben (und ihn offenbar bei einem Plausch mit Kollegen stören) marschiert er wieder den ganzen Weg mit uns zurück in ein staubiges, heißes Büro. Dort wird unser Carnet handschriftlich bearbeitet, der entsprechende Stempel gesucht…aber es klappt und wir haben einen Teil geschafft. Also geht´s mit dem Carnet weiter zur Passkontrolle, die zügig passiert. Somit sind wir aus dem Iran ausgereist. Gleich dahinter sitzen die Turkmenischen Beamten, die unsere Pässe prüfen und in ein riesiges Buch unsere Namen abmalen…aus Paul Hofbauer wird Paul Judenburg (Geburtsort), aus Nina Haas wird Nina Graz…wir halten erstmal den Mund, die sehen nicht so aus, als würden sie Interesse haben, auf diesen kleinen Fauxpas hingewiesen zu werden.
Dann werden wir von den jungen Burschen in Uniform herumkommandiert: Wir sollen uns hinsetzen und zu warten (kein Wunder, sie selbst werden wiederum von dicken Offizieren herumkommandiert). Schließlich zahlen wir bei einer resoluten Dame die Einreisegebühr…sie wirft uns zwei Ein-Dollarscheine zurück, „Problem“…weil diese ein wenig geknickt sind. Dann folgt eine Befragung, was wir in Turkmenistan wollen, wie lange wir bleiben, welche Route wir wählen und schließlich werden wir auch noch getrennt. Paul muss mit dem Auto mit, ich wieder mal durch den Fussgänger-Übergang. Paul muss tausende Papier ausfüllen, eine Sprit-Kompensationssteuer wird eingehoben (Sprit ist auch hier sehr, sehr billig und als Tourist muss man auf Basis der angegebenen Reiseroute eine Kompensation bezahlen), eine Versicherung müssen wir abschließen und am Ende kriegen wir auch noch ein GPS-Gerät verordnet, das wir im Auto mit uns führen müssen. Na bravo!
Ich beobachte einstweilen die übrigen Beamten beim Nichts-Tun bzw. beim Nicht-viel-Tun. Am Ende muss das Auto dann noch auf eine Art Hebebühne und wird von allen Seiten geprüft. Da darf ich wieder dazu und muss auf russisch erklären, dass wir keine Waffen und keine Drogen dabei haben. Die Beamten sind offenkundig beeindruckt über unser ausgeklügeltes und auch in russisch beschriftetes Pack-System.
In Rekord-Tempo von etwas mehr als zwei Stunden sind wir trotzdem durch die Prozedur , müssen noch ca. 30 km durch Niemandsland fahren, wo wir nicht fotografieren dürfen, wie man uns eindringlich erklärt. Schade, denn auf dem Weg sehen wir einige Gazellen, die sich gut auf einem Bild gemacht hätten. Überall sind Überwachungskameras angebracht, dass wir uns doch lieber an das Fotografierverbot halten. Nach einer weiteren Passkontrolle sind wir also in Turkmenistan, uff.
Die Hauptstadt Aschgabat liegt gleich hinter der Grenze am Fusse der Kop-Dagi-Berge und leuchtet uns schon in der Anfahrt entgegen. Mitten in der Wüste erhebt sich Pomp und Protz in Weiß und Gold. Wir sind auf den supersauberen Straßen völlig allein, keine Mensch ist auf der Straße. Was für ein Kontrast zu den vollen, quirligen lebhaften Städten im Iran.
Leuchtendweiße Hochhäuser, pompöse Straßenbeleuchtungen, akkurat zugeschnittene Bäumchen und protzige Denkmäler prägen die Stadt. Uns ist das für´s erste suspekt und nachdem die Einreise schneller ging als erwartet entscheiden wir kurzerhand noch weiter in die Wüste zu fahren. Also raus aus der Stadt und Richtung Norden.
Auf dem Weg kommen wir am neuen Bazar vorbei, der hinter der Stadt in leider völlig gesichtslosen Hallen untergebracht ist. Ein wenig echtes Leben sehen wir am Viehbazar, der auch dort stattfindet. Schafe, Ziegen und Kamele wechseln hier die Besitzer.
Bald hinter der Stadt ändert sich die Landschaft, Sanddünen säumen den Weg und hin und wieder schaut ein Kamel vorbei. Nach 200 km schnurgerader Straße kommt die erste Tankstelle, nach weiteren 100 km schnurgerader Straße soll es einen mit Wasser gefüllten Krater und einen mit Schlamm gefüllten geben. Tatsächlich finden wir die beiden Krater, angeschrieben ist da nix (wir werden noch verstehen warum!) und sind durchaus beeindruckt. Aber es kommt noch viel besser. Unser eigentliches Ziel ist der Feuerkrater bei Derweze mitten in der Karakum-Wüste. Auf der Suche nach Erdgas wurden in den 1970-Jahren Bohrungsarbeiten durchgeführt, das Gestein stürzte ein und es entstand ein Krater mit ca. 200 m Durchmesser und 50 m Tiefe. Das aus den Erdspalten austretenden Gas entzündete sich und brennt bis heute.
Wir erreichen den Feuerkrater, auch „Hells Gate“ genannt über eine Sandpiste am Nachmittag und erleben so den wirklich richtig imposanten Krater zu allen Tageszeiten. Wir sind im Wesentlichen alleine, später kommt noch ein junges englisches Pärchen, das auch mehrere Monate mit dem eigenen Auto auf Reisen ist und noch später eine Horde chinesischer Touristen (die ziehen aber nach Sonnenuntergang in ihren klimatisierten Jeeps wieder ab).
Wir genießen den Platz und die Wüstenatmosphäre sehr – das Seidenstraßen-Reise-Feeling hat sich nun mittlerweile bei uns eingestellt.